Was hier so gierig schlingt, ist unser Neuzugang: zwei rote Katzenmädchen, keine drei Wochen alt und frisch ausgesetzt. Es passiert immer und immer wieder.
Die Urlauberschar am Futterplatz ließ uns Böses ahnen. Und richtig: zwei süße Winzlinge tapsten in der Abenddämmerung unbeholfen über die Fahrbahn – und wären wenig später tot gewesen 🙁 Wir stoppten sofort, ignorierten den „Debattierklub“ und sammelten die Babys, ohne ein Wort zu verlieren, ein. Eine Mutter war nirgends auszumachen. Das hatten wir aber auch nicht erwartet.
Zu Hause machten wir uns daran, das Notwendigste für die Kätzchen zu organisieren. Spät abends, am Vorabend von Tis Panagias (Mariä Himmelfahrt) – eines der wichtigsten griechischen Feiertage – wurde das zur Herausforderung. Denn Tierärzte, Apotheken und Pet Shops sind erst wieder in der kommenden Woche erreichbar.
Wir mussten improvisieren.
Schnell war klar, dass die Unterbringung in der großen Hundebox keine Option sein würde. Auch zu den anderen Zwergen konnten wir die Neuankömmlinge nicht setzen. Also brachten wir sie im Gästezimmer unter. Ich blieb die ganze Nacht bei ihnen, während die Süßen hyperaktiv mit ihren schon gut ausgeprägten Krallen auf mir herumkrabbelten und irgendetwas zum Saugen suchten 🙂 Warum auch immer krallten sie sich bevorzugt in meinen Haaren fest. An Schlaf war da natürlich nicht zu denken.
Die Kleinen hatten mächtigen Hunger, waren aber noch nicht in der Lage, Trockenfutter zu fressen. Da katzenverträgliche Milch nicht verfügbar war, löste ich das trockene Babyfutter vom Tierarzt in abgekochtem Wasser auf und fütterte es mit einem kleinen Löffel. So kamen wir über die Nacht. Nur: was reinkommt, muss auch wieder raus, doch die Babys kannten noch keine Katzentoilette … Es ging so einiges schief in dieser Nacht. Aber Putzen haben wir ja nach Spottys Unfall vor zwei Jahren gelernt. Einer der Winzlinge verstand zum Glück bald, worum es geht. Sonst wären die Verschmutzungen noch stärker ausgefallen.
Hilfe kam von Tierschützern.
Am Morgen erwarb ich bei McQueen Resques einen der großen Käfige, die Alexandra gerade gebraucht auf ihrer Facebook-Seite anbietet. Den wollten wir eh‘ kaufen, um unsere „Olivenhain-Katzen“ endlich zu uns zu holen. Wir nutzen den Käfig zum Aklimatisieren von Neuankömmlingen in der neuen Umgebung, bevor sie sich dann im Haus und später auch draußen frei bewegen dürfen. Das Vorhaben muss nun aber – wieder einmal – warten.
Alexandra gab mir für die Katzenbabys auch Vitamine und Probiotika mit. Ziegenmilch – okay, nicht optimal, aber besser als nichts – besorgte ich auf dem Rückweg in einem kleinen Supermarkt, der trotz Feiertag geöffnet war.
Wieder zuhause sah ich unter meinem nächtlichen Katzenbaby-FB-Post den Kommentar der erfahrenen Tierschützerin Silke Wrobel. „Ruf mich an“ las ich und wählte die Nummer sofort. Wenig später saß ich bei ihr und ihren zahlreichen bedürftigen Tieren. Was sie für die armen Wesen tut, ist wirklich beeindruckend.
Auch mir half Silke Wrobel mit ihrer mehr als 40jährigen Expertise im Tierschutz sehr. Ausgestattet mit Babyflasche und Kittenmilchpulver, Augensalbe für alle Fälle sowie zahlreichen Hinweisen für die Pflege so kleiner Wesen fuhr ich nach Hause.
Die Katzenbabys lieben ihre Milch.
Seit wir die Katzenbabys gestern das erste Mal mit der Milch fütterten, wollen sie ihr Fläschchen nicht mehr loslassen. Die beiden kämpfen richtig darum. Irgendwie erinnert mich die Situation an die Fütterung der Zwillingsmädchen meiner Schwester vor fast 45 Jahren 🙂
Alle drei bis vier Stunden bekommen die Kätzchen nun ihre Milch, nach spätestens zweieinhalb beginnt das Geschrei. Von wegen sie schlafen ständig … Aber sie sind sooo süß! Doch wir sehnen den Tag herbei, an dem unsere Schützlinge selbstständig fressen und wir wieder durchschlafen können 🙂
Update 20.08.2024
Gestern am Nachmittag mussten wir doch zum Tierarzt, denn eine der Mini-Miezen überraschte uns mit Kot, der wie ausgespuckte Milch aussah. Also sammelten wir die Miezen ein und fuhren nach Chania, denn der Tierarzt bei uns in Maleme hat leider noch Urlaub. Mehr als eine Stunde war Sofi für unsere beiden „Mäuschen“ da: allgemeine Untersuchung, speziell die Bäuche ansehen, Ohrmilben entfernen, Fieber messen. Dabei wurde die Verdauungsmisere unübersehbar. Die Süßen erhielten Probiotika und eine Medizin für Katzenbabys mit parasitenbedingten Stoffwechselproblemen. (hoffentlich richtig wiedergegeben) Nach der abschließenden Ganzkörperdesinfektion durften wir gehen, ausgestattet mit Spezialfeuchtfutter zur Durchfallbehandlung und der o.g. Medizin zur Weiterbehandlung. Und schon wieder waren 86 Euro weg 🙂
Als wir das neue Futter später füttern wollten, kamen neue Probleme auf uns zu, denn unsere Süßen wollten unüberhörbar ihr Fläschchen. Milch aber gibt es ab jetzt nicht mehr … Wir tricksten sie über die Nacht mit leicht verdünntem Feuchtfutter aus dem Babyfläschchen aus. Erst heute früh konnten wir den Nuckel verbannen – zumindest für eine der beiden Miezen.
Update 26.08.2024
Dauerdurchfall und ständiges Schreien führten uns gestern erneut in die Tierarztpraxis. Schreien die Kleinen vor Hunger, vor Schmerzen oder aus Einsamkeit? Wir konnten das nicht entscheiden. Sofi checkte die Süßen und nahm Stuhlproben, die ins Labor gingen. Da die Breitbandbehandlung nicht richtig anschlägt, muss der korrekte Erreger gefunden werden. Die Kleinen wären noch zu lütt für Experimente, meinte die Ärztin.
Modifiziert haben wir allerdings jetzt schon das Futter. Damit die Mini-Miezen überhaupt fressen, wird nun wohlschmeckendes medizinisches Futter unter das Spezialfutter bei Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts gemixt. Das macht den Aufwand zuhause nicht geringer, doch das Ergebnis zählt. Immerhin stürmen sie nun sofort zum Futterteller und hauen richtig rein. Wir können zusehen, wie die Kleinen wachsen.
Weitere Änderungen im Gästezimmer:
- Nachdem wir in den ersten Tagen unerträgliche Probleme mit den Verschmutzungen durch Kot hatten, trainierten wir mit unseren Babys die Toilettenbenutzung. Außerdem haben wir eine weitere Katzentoilette ins Zimmer gestellt. Das löst das Durchfallproblem nicht, schafft aber Erleicherung.
- Jetzt, wo das Zimmer doch etwas sauberer bleibt, konnten wir den Süßen Bälle und Kratzbaum überlassen und mit ihnen spielen üben. Solange wir dabei sind, haben sie Spaß und sind ruhig.
- Unsere Anwesenheit hilft natürlich eh‘. Nachtdienst ist deshalb Pflicht, damit wir nicht alle verrückt werden. Norbert und ich wechseln uns ab. Inzwischen bekommen wir dabei sogar schon etwas Schlaf.
Hoffentlich können wir die Quarantäne bald aufheben. Die „Mäuschen“ suchen Gesellschaft und Abwechslung. Doch dazu brauchen wir zwingend Entwarnung durch die Ergebnisse der Stuhlproben aus dem Labor.
Update 29.08.2024
Die Ergebnisse aus dem Labor sind da. Die Ursache für den Durchfall sind die Darmparasiten Giardien und Kokzidien – beide hochansteckend. Die Quarantäne bleibt also bestehen, unsere Hygienemaßnahmen werden noch verstärkt. Ab jetzt reicht Wischen mit Desinfektionsmittel nicht mehr aus. Zusätzlich muss der Dampfreiniger ran. Doch die beiden Süßen entschädigen uns für alle Mühen 🙂
Um die Kätzchen von den Darmparasiten zu befreien, rücken wir dem Übel – zusätzlich zu super Futter, Probiotika und Vitaminen – nun auch mit Panacur und danach Baycox zu Leibe. In zehn Tagen sehen wir weiter.
Immer wieder wundern wir uns, dass auf Kreta überhaupt so viele Katzen herumspringen. Wir hätten uns nie vorstellen können, welchen gesundheitlichen Gefahren die Tiere hier ausgesetzt sind …
Update 09.09.2024
Eben rief Tierärztin Sofi an und erkundigte sich nach dem Befinden unserer Süßen. Die Therapie wirkt, konnten wir berichten, der Zustand der Kleinen ist sehr, sehr viel besser. Sofi war außerordentlich zufrieden. Noch können wir aber keine Entwarnung geben. Die Quarantäne muss noch bleiben. In zehn Tagen folgt die nächste Stuhlprobe.
Update 18.09.2024
Die Quarantäne ist aufgehoben!
Unsere „Mäuschen“ – jetzt Leni (oben) und Mila (unten) – haben sich prima entwickelt. Sie sind an allem interessiert, total verspielt und nicht müde zu bekommen. Heute erhielten die Süßen schon ihre Erstimmunisierung, wie die Zeit vergeht … Außerdem gab es die obligatorischen Spot-ons gegen Ungeziefer aller Art. Die Ohrmilben, mit denen die Kätzchen von Anfang an zu tun hatten, behandeln wir in den nächsten Tagen mit der einschlägigen Medizin. Säubern allein hilft nicht mehr. Doch sonst ist alles mit ihnen im grünen Bereich.
Nur so am Rande 🙂
Dass die Kätzchen bei uns bleiben werden, versteht sich sicher von selbst. Weggeben kommt nicht mehr infrage. Dafür haben wir die beiden in den letzten Wochen viel zu lieb gewonnen.