Die Kreter beeindrucken uns immer wieder. Nach den schweren Unwettern mit heftigen Stürmen und extremem Starkregen packen sie einfach an und machen die Insel wieder fit.
Als wir uns nach dem Sturm Anfang letzter Woche wieder nach draußen trauten, war die Situation, aber auch die Stimmung vor Ort deprimierend. Am völlig ramponierten Strand in Tavronitis trafen wir Menschen, die weinten. Einer der Männer erzählte, er glaube nicht mehr an Gott. Das konnten wir gut verstehen. Und bei dem, was wir sahen, kam sofort die Frage auf: Wie wollen die Menschen das bis zum Saisonstart schaffen? Diskussionen deutschsprachiger User auf Facebook alá „Da werden wir wohl dieses Jahr woanders hinfahren müssen“ ließen für die Region hier Böses ahnen.
15.500 Blitze, 41 Stunden Starkregen und Schäden in dreistelliger Millionenhöhe – so laut griechenland.net die Bilanz des Sturms, der zwischen dem 24. und 26. Februar über Westkreta fegte. Die entstandenen Schäden belaufen sich auf 200 Millionen Euro, so der Gouverneur Kretas, Stavros Arnaoutakis.
„Es sieht hier so aus, als wären wir bombardiert worden“, sagte der Bürgermeister der Gemeinde Platanias, Ioannis Malandrakis kurz nach dem Unwetter. Bilder gibt es hier.
Das große Aufräumen beginnt
Während die Bestandsaufnahme der Schäden noch lief, begann schon das große Aufräumen. Es ist beeindruckend, wie zügig alles vorangeht.
Die Armee übernahm sehr schnell die interimsweise Wiederherstellung der zehn zerstörten Brücke in der Präfektur Chania, so auch hier in Platanias an der alten Nationalstraße. In wenigen Tagen soll die neue (provisorische) Platanias-Brücke freigegeben werden.
Da die alte Nationalstraße zwischen Platanias und Gerani durch die defekte Brücke nicht mehr passierbar ist, rollt der Verkehr derweil wieder über die Neue Nationalstraße, die nach den Schäden durch die Erdrutsche des letzten Sturms Mitte Februar eigentlich noch gesperrt sein sollte. Von uns aus nach Platanias zu kommen, ist aktuell etwas aufwändig, denn wir müssen über die Autobahn bis zur Abfahrt Galatas und dann wieder westlich. Die „Schleichwege“ über die Orte oberhalb der Küste waren zumindest am Montag (4. März) noch durch Schäden versperrt. Auch hier wurde intensiv gearbeitet. Video-Impressionen
Ausgeschwemmte Flussläufe und Uferböschungen werden wieder verfestigt. Schwere Fahrzeuge bringen Steine, Beton und weiteres Material dafür. Wir konnten das gestern an vielen Stellen live miterleben, als wir zu unserem Schreiner fuhren. Seine Werkstatt blieb wie durch ein Wunder unversehrt. Er zeigte uns das Video auf seinem Handy. Der Fluss kam der Werkstatt bedrohlich nahe, war dann aber überwiegend zur gegenüberliegenden Seite „ausgebrochen“, wo sich Orangen- und Mandarinenplantagen befinden. Und die Brücke oberhalb der Werkstatt weist zwar Schäden auf, hielt aber.
Verunreinigte Strände nach dem Unwetter: Plastikmüll, Treibgut, Pflanzenreste:
Die Strände um uns herum, die durch den Sturm arg in Mitleidenschaft gezogen wurden (siehe oben), waren wenige Tage später schon weitgehend befreit von den erschreckenden Plastikmassen, die durch den Sturm von Land und von See aus angeschwemmt worden waren.
Aktuell vernichtet man die holzige Pflanzenreste, die den Strand übersähen. Sie werden abgebrannt – ja – aber wie soll das auch anders gehen. Uns ärgern die besserwisserischen Kommentare der deutschsprachigen Facebook-Gemeinde zu diesem Thema schon sehr.
Feierabend und Wochenenden scheinen beim Arbeiten keine Rolle zu spielen. Alle arbeiten durch.
Wie es links und rechts der Flussläufe weiter oben in den Bergen aussieht, können wir nur erahnen. Die Betreiber der Drakiana Taverna, die wir so mögen, teilten auf Facebook mit, dass sie wegen Aufräumarbeiten schließen müssen. Ihre Fotos zeigten, wie arg das Unwetter dort zugeschlagen hatte. Wir wollten gestern zum Helfen hinauf fahren, fanden aber keinen Weg, den wir ohne Pick-up oder Jeep hätten passieren können. Dort wartet mit Sicherheit noch ganz viel Arbeit. Wobei wir sicher sind, dass die Touristen kaum Einschränkungen merken werden.
Und bei uns im Haus?
Zum Glück ist nicht viel passiert – wir wohnen wohl günstig. Sehr bald nach dem Sturm funktionierte auch der Strom wieder, die Wasserversorgung brauchte etwas länger. Wir hatten aber noch Reserven. Und die durch das Unwetter weggebrochene Außenlampe ist zwar ärgerlich, lässt sich aber unkompliziert ersetzen.