In Coronazeiten reisen ist alles andere als schön. Das galt auch für unsere Tour Anfang Juli 2020 von Chania nach Berlin über den Seeweg.
Wir wollen ja niemals weg, nicht weg zu dürfen, ist aber eine andere Sache. Zumal in Berlin nach vier Monaten Abwesenheit recht dringende Erledigungen warteten. Auch unser deutsches Auto hatte die zulässige Aufenthaltsdauer von 182 Tagen in Griechenland bereits erheblich überschritten. Immerhin waren wir schon im Oktober über Tschechien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Albanien nach Griechenland eingereist …
Aufmerksam verfolgten wir in den letzten Wochen die Entwicklungen rund um Corona und unsere Reisemöglichkeiten. Zum 1. Juli gaben die griechischen Behörden den Seeweg nach Italien endlich wieder frei. Wehmütig dachten wir an unsere sorgfältig geplante Route nach Berlin durch Osteuropa. Die werden wir später irgendwann nachholen.
Jetzt buchten wir widerwillig die Fährfahrten Chania – Piräus und Patras – Venedig. Auf die Italienfähre hätten wir wirklich gern verzichtet, aber komplett über Land zu fahren, würde in Deutschland Quarantäne bedeuten. Mal abgesehen von den Unwegbarkeiten und Unsicherheiten unterwegs. Wir ahnten, worauf wir uns mit der ungeliebten Fährfahrt einlassen …
Etappen auf dieser Reiseroute
Chania - Piräus mit der ANEK Line
Von Chania nach Piräus ging es auf einem schicken neuen und super sauberen ANEK-Schiff. Als wir – viel zu früh – im Hafen Souda eintrafen, stand das Schiff schon bereit. Wir konnten sofort an Bord, parkten unser Auto auf dem zugewiesenen Platz im Rumpf des Schiffes und begaben uns zu den gebuchten Schlafsesseln. Hier wie auf dem gesamten Schiff herrschte gähnende Leere und so blieb es auch später. Bei der Auslastung waren die Abstandsmarkierungen überall gar nicht nötig.
Wir hatten Schlafsessel gebucht, keine Kabine. Das die Idee nicht so großartig ist, bemerkten wir schnell. Und so suchten wir uns später einen Schlafplatz open air im Café-Bereich. Bei dem warmen Wetter schlief es sich gut auf den Couchen unter freiem Himmel. Ich wurde erst wieder wach, als es morgens anfing nach Zigaretten und Kaffee zu riechen. Wir waren im Raucherbereich gelandet!
Unser Schiff erreichte Piräus überpünktlich wenige Minuten später.
Piräus - Patras auf dem Landweg
Der Weg von Piraeus nach Patras ging schnell wie nie. Wir fanden unproblematisch die Straße wieder, die außen an Athen vorbei direkt zur Autobahn führt. Auch die Entscheidung, an einem Sonntag in Piräus anzukommen, war richtig. Kein Vergleich zu dem Berufsverkehr-Chaos letztes Jahr.
Zwei Stunden später erreichten wir Patras. Dort fuhren wir zunächst direkt zum Hafen – obwohl das Schiff erst nachts ablegen würde. Aber wir wollten wissen, was uns erwartet, ehe wir uns ein schönes Plätzchen am Meer suchen.
Das „schöne Plätzchen“ fanden wir westlich von Patras. Schon bei der Anfahrt zum Hafen fielen uns die Wegweiser auf. Nach etwa 20 Kilometern erreichten wir das Naherholungsgebiet der Stadt: Strand eher dürftig, dafür war es extrem voll an diesem Sonntagvormittag. Entsprechend angespannt sah es bei den Parkplätzen aus. Ich hätte so gerne mal ’ne Stunde irgendwo am Straßenrand geschlafen. Keine Chance! Überall senkte die Sonne und wirklich auf jedem Parkplätze unter schattenspendenden Bäumen stand schon wer.
Aber die Gastrononie hier war top, wenn auch weit entfernt von dem, was wir von Kreta kennen. Wir saßen auf den unbequemen einfachen Stühlen – dafür im Schatten direkt am Meer – aßen uns durch die Speisekarte und beobachteten das bunte Treiben. Leider zog Gewitter auf und so hielt das Vergnügen nur kurz an. Wir zogen ins Innere der Taverne um und aßen weiter, bis tatsächlich nichts mehr hineinpasste.
Viel zu früh kamen wir im Hafen an. Was hier zwischen 15:00 und 01:30 Uhr folgte, wurde belastend:
- Warten unter sengender Sonne. Die Alternative wäre der extrem heruntergekühlte, unbequeme Wartebereich innen gewesen.
- gar keine oder falsche bzw. irreführende Informationen.
- Migranten, die vergeblich versuchten, das Hafengelände zu entern und Katz‘ und Maus mit der Polizei spielten.
- erheblich verspätete Ankunft der Asterion II plus chaotische Abfertigung – und das bei den nur wenigen Reisenden.
Ab Patras würden wir freiwillig bestimmt niemals reisen!
Weit nach Mitternacht legte die Asterion II Richtung Venedig ab. Entsprechend spät konnten wir nach dem langen Tag ins Bett. Als Upgrate erhielten wir eine Luxuskabine. Schön, aber leider störte auch da die Klimaanlage extrem.
Patras - Venedig mit der Asterion II der ANEK Line
Es wurde eine fast private Überfahrt auf der schwerst in die Jahre gekommenen Asterion II der ANEK Line. Der Verfall überall ließ sich nicht mehr verbergen. Falls das jemand überhaupt gewollt hätte.
Lediglich eine Handvoll Menschen reiste mit uns nach Venedig, mehrheitlich Trucker. Also viel Platz für alle, Abstandsregeln unnötig. Nach kurzer Zeit kannten sich die wenigen Touristen an Bord. Wir kamen ins Gespräch mit Schweizern, Österreichern und Deutschen, die wie wir auf die Rückreise in ihre Heimatländer gewartet hatten.
Das gastronomische Angebot auf der Fähre war erwartungsgemäß dürftig – noch schlechter als üblich, extrem überteuert eh‘. Wir stellten deshalb schnell auf Feta und Bananen um. Da kann man wenigstens nicht viel falsch machen.
Venedig - Berlin auf dem Landweg
Mit gut zwei Stunden Verspätung legte die Asterion II in Venedig an. Schlecht, wenn 1.200 Kilometer Fahrt vor einem liegen. Wir planten direkt durchzufahren. Unter anderen Umständen hätten wir bestimmt irgendwo übernachtet. Ohne Corona wären wir auf dieser Route aber auch niemals gefahren! Dass sich der Hafen etwas außerhalb von Venedig in einem Industriegebiet mit Autobahnanbindung befindet, sparte zumindest Zeit.
Die Tour bleibt in wenig guter Erinnerung. Wirklich schön waren nur die Alpendurchfahrt und die Rast im Salzkammergut im Landzeit-Hotel am Mondsee. Das Heile-Welt-Ambiente tat gut und das sehr teure Essen war jeden Cent wert. Von Corona-Maßnahmen dort übrigens kaum eine Spur. Okay, das Personal trug Masken/Visiere, die Tische aber standen dicht an dicht und die Gäste drängten sich.
Ganz anders als zuvor in Italien. Da waren Raststätten geschlossen oder boten nur Sparbetrieb. Jeder trug Maske, das Personal teilweise auch Handschuhe. Abstand war ein Muss überall für jeden.
Ab der Grenze Österreich/Tschechien ging es bis 100 km vor Prag zunächst über Landstraßen weiter mit vielen Sperrungen und Umleitungen mit reichlich Potenzial für’s Verfahren. Beim Vignettenkauf plus Tanken in Tschechien hatten wir zudem das Gefühl, als Durchreisende wenig willkommen zu sein. Die Furcht vor Ansteckung war deutlich zu spüren.
Die letzten 500 km bis Berlin ging es wieder über die Autobahn. Aber die Strecke zog sich und wir wollten eigentlich nur noch ins Bett. Gegen 2:00 Uhr war es endlich soweit.
Jetzt müssen wir uns erstmal erholen. Doch wir zählen die Tage, bis der Flieger Anfang August wieder Richtung Kreta abhebt. Und wir hoffen natürlich auf bessere Zeiten, um unbeschwert noch viel von Europa sehen zu können.