Karneval in Deutschland ist absolut nicht unser Ding. In Griechenland läuft er ohne Bütt und Funkenmariechen ab, dafür mit jeder Menge echter Lebensfreude und unverkrampft fröhlichen Menschen jeden Alters.
Die Griechen feiern Karneval in den drei Wochen vor Beginn der Fastenzeit, die die Namen Profoni, Kreatini (Fleischwoche mit dem Tsiknopempti, dem »schmutzigen« Donnerstag als Höhepunkt) und Tyrofagou (Käsewoche) tragen. Durch den orthodoxen Kalender weichen die Termine von den deutschen zumeist ab. (Mehr zur Tradition auf Radio Kreta)
Umzüge sowie öffentliche und private Parties finden in dieser Zeit überall statt. Wir wollten mitmachen, aber der Maskenball im Hotel Haridimos in Tavronitis musste durch das schwere Unwetter Ende Februar ausfallen. Auch die Parties in weiter entfernten Orten waren für uns bei dieser Wetter- und Straßenlage erstmal unerreichbar.
Blieben die Umzüge, die in fast allen Städten und Dörfern auf Kreta angekündigt wurden. Wir waren gestern in Kissamos im äußersten Nordwesten der Insel dabei.
Karnevalsumzug in Kissamos 2019
Der Umzug in Kissamos ist natürlich nicht so spektakulär wie der in der kretischen Karnevalshochburg Rethymnon. Aber die Parade auf der Skalidi-Straße, die etwas abseits der Durchgangsstraße von Chania nach Platanos gelegen ist, konnte sich trotzdem sehen lassen. Und sie hat richtig Spaß gemacht.
Um 16 Uhr sollte es losgehen, aber schon sehr viel eher waren die Cafés entlang der Strecke gut gefüllt. Menschen jeden Alters wollten den Umzug verfolgen. Und auch die Stehplätze zu beiden Seiten der kleinen Straße wurden langsam rar. Ohrenbetäubende heiße Rhythmen aus den überall präsenten überdimensionalen Lautsprechern erinnerten mich an die Love Parades der 90er Jahre in Berlin – großartig! Pünklich startete der Zug.
Das Video von zarpanews.gr versucht, die Stimmung einzufangen:
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenKostümzwang für Zuschauer gibt es übrigens nicht. Man kann, muss sich aber nicht verkleiden. Wer dennoch will: Zur Not reicht eine Maske, die man auch noch last minute erwerben kann.
Nachdem alle Wagen durch waren, wurde bis in die Nacht rund um die Platia herum ausgelassen gefeiert – und auch getrunken. Hemmungslose Massenbesäufnisse und anderweitige Alkoholexzesse, pöbelnde Horden oder ähnliche Begleiterscheinungen von Karnevalveranstaltungen in Deutschland konnten wir hier an keiner Stelle entdecken. Es ging ums Feiern und Fröhlich sein.
Reiner Montag mit Picknick und Drachen steigen
Auch der Rosenmontag – oder »Reiner Montag« wie er hier heißt – unterscheidet sich wohltuend von dem Treiben in deutschen Landen. Rosenmontagsumzüge und Karnevalssitzungen gibt es nicht, dafür eine Art Volksfest open air.
Wir erlebten den reinen oder sauberen Montag heute auf dem Gelände rund um den Agioi Apostoloi Beach westlich von Chania. Die großzügige und landschaftlich wunderschöne Freifläche mit Stränden, Buchten, Hügeln, Promenaden und Wald war an diesem arbeitsfreien Tag gut besucht.
Neben der Musik sorgte natürlich auch das tolle Wetter – Sommer nach unserem Empfinden – für beste Stimmung. Von überall kamen Familien, Paare und einzelne Menschen mit Picknick-Körben, Decken, sogar Tischen und Stühlen. Auch die ganz Alten ließen sich von dem unebenen und damit keinesfalls barrierefreien Terrain nicht abschrecken. Kinder ließen Drachen steigen und wer noch keinen hatte, konnte ihn unter Anleitung mit einfachen Mitteln bauen.
Alles, was beim Picknick am sauberen Montag nicht fehlen darf, inklusive Lagana, das traditionelle Brot für diesen Tag.
Unerfahren und unvorbereitet, wie wir waren, hatten wir nichts für ein Picknick dabei. Aber als wir uns in der Nähe der Bühne umsahen, luden uns Freunde spontan auf ihre Picknick-Decke ein. Dass tierische Produkte ab heute verboten sind, spielt keine Rolle. Denn die griechische Küche bietet auch ohne diese jede Menge Köstlichkeiten, die hier ausgebreitet waren. Raki und Wein gelten übrigens nicht als Fastensünde 🙂
Im nächsten Jahr werden wir besser vorbereitet und ausgerüstet sein – versprochen!
