Im Mai 2021 jährte sich der Beginn der »Battle of Crete« oder der »Schlacht um Kreta« zum 80. Mal. Griechen und Briten gedachten der Ereignisse eine ganze Woche lang mit Veranstaltungen. Höhepunkt war das Abschluss-Event mit Flugshow über dem Flugplatz von Maleme in der Nähe des deutschen Soldatenfriedhofs.
Am 20. Mai 1941 starteten deutsche Fallschirmjäger zum ersten großen Luftlandeunternehmen der Kriegsgeschichte, dem Unternehmen Merkur. Auf dem Friedhof in Maleme sind die Deutschen begraben, die diese Schlacht und die Ereignisse danach nicht überlebten. Der Friedhof wurde vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge errichtet und am 6. Oktober 1974 eingeweiht. Knapp 4.500 Tote haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden. Jährlich besuchen bis zu 70.000 Menschen aus aller Herren Länder den Soldatenfriedhof in Maleme. Je nach Herkunft interessieren sie sich eher für die Kriegsereignisse oder die toten Wehrmachtssoldaten. (Mehr unter Wikipedia sowie auf der Website von Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.)
Ein Ort voller widersprüchlicher Emotionen
Für mich ist der deutsche Soldatenfriedhof ein höchst widersprüchlicher Ort. Denn was hatten Deutsche hier überhaupt zu suchen? Dass die Kreter eine solche Stätte, noch dazu an dieser Stelle und in einer Form, die eher eine Ruhestätte der Sieger suggeriert, überhaupt zulassen, verstehe ich nicht – bei all dem Leid, das Deutsche im Zweiten Weltkrierg auf diese Insel gebracht hatten. Kandanos, Ano Viannos, Kontomari und viele Orte mehr zeugen davon.
Lange Jahre haben wir den Soldatenfriedhof deshalb ganz bewusst gemieden. Erst als uns ein Gast aus Berlin erzählte, dass er sich als Jugendlicher nach der Besichtigung des Friedhofs für den Zivildienst entschieden hatte, besuchten wir ihn doch – und waren gleich wieder entsetzt. Was wir in der Ausstellung am Eingang zum Friedhof lasen, war nicht zu ertragen. Von Heldentod, Tod für Vaterland oder Großdeutschland war da die Rede. Das alles gehörte zu einer 1984 installierten Ausstellung. Die Gefallenen wurden als Helden gefeiert. Ganz besonders negativ hatte sich mir die Schilderung der Gräfin von Blücher eingeprägt.
Inhaltliche Neuausrichtung geplant
Mit meinen Vorbehalten bin ich zum Glück nicht allein. Auf Kreta formiert sich Widerstand, weiß die Historikerin Katerina Anagnostaki. Auch Daniela Schily, die neue Generalsekretärin des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, findet die Heroisierung der Gefallenen falsch. Sie will die hohe Aufmerksamkeit für Maleme nutzen, um den Friedensgedanken zu forcieren. (Quelle: „Die Gräber der anderen“, FAZ vom 25.11.2019). Der Artikel ist übrigens hochinteressant, allerdings FAZ plus. Wir sind gespannt, wie das neue Konzept am Ende aussehen wird. Nötig ist eine Erneuerung u.E. auf jeden Fall.
Für die Menschen auf Kreta ist die Schlacht um ihre Insel sehr wichtig
Im Bewusstsein der Menschen auf Kreta hat die Schlacht um ihre Insel immer eine besondere Rolle gespielt und spielt diese auch weiterhin, Das liegt vor allem am Widerstands der Inselbewohner, die sich nicht einfach ergaben. Mit furchtbaren Folgen natürlich. Wer aufmerksam über Kreta fährt, wird an vielen Orten auf Spuren der Verbrechen der deutschen Besatzer stoßen. In den Gesprächen mit älteren Menschen ist das Thema stets präsent.
Und so erklärt sich auch die jährliche Erinnerung an den Beginn der Invasion, deren Abschluss traditionell die Flugshow über Maleme ist. Die fiel in diesem Jahr aufgrund des Jubiläums deutlich größer aus als sonst üblich. Das Red Arrows Kunstflugteam der Royal Air Force malte Bilder in den Himmel, Fallschirmspringer der griechischen Armee zeigten ihr Können. Und der griechische Kampfjet mit seiner obligatorischen Show, der uns 2018 so erschreckt hatte, war natürlich auch wieder dabei.
Update Dezember 2022:
Neue Ausstellung auf dem Soldatenfriedhof in Maleme
Endlich: Die neue Ausstellung ist fertig!
Beim heutigen Besuch des Soldatenfriedhofs in Maleme mit unseren erwachsenen Kindern konnten wir uns das neue, moderne Ausstellungskonzept ansehen. Keine Glorifizierung mehr von deutschen Soldaten und Offizieren, keine Schilderungen von „Heldentaten“. Die alten Berichte sind immer noch da – auch der der adligen Anhängerin des Nationalsozialismus – jetzt allerdings als Beleg für die Gedankenwelt und den Fanatismus der damaligen Zeit. In mehreren Sprachen werden die Ereignisse rund um die Schlacht um Kreta sachlich dargestellt. Invasoren bleiben Invasoren, Opfer bleiben Opfer. Auch der Widerstand der kretischen Bevölkerung sowie die Leistungen der Alliierten sind vernünftig gewürdigt.
Hingehen lohnt jetzt. Routenplaner auf Google Maps